Da hat sie wieder zu geschlagen,
die Prokastrination. Mein stetiger Begleiter im Studium und Alltag macht auch
auf Reisen keine Pause. Im Prinzip kann man das Verfassen eines Blogeintrages
sogar mit dem Anfertigen von Studienarbeiten vergleichen, erst einmal
angekommen im Schreibfluss läuft es meist wie von selbst. Die initiale
Motivation muss halt her. Und zugegebener Maßen es ist schon etwas angenehmer
über Reiseerfahrungen zu schreiben also über irgendwelche empirischen Ausarbeitungen.
Wie auch immer. Diese Einleitung
ist eigentlich auch nur dafür da um zu erklären warum wir beinahe schon wieder aus
Kambodscha ausreisen, ich aber immer noch nicht den zweiten Teil des Vietnam
Berichts fertiggestellt habe. Nun aber zum zurück zum Thema. Das von Kathi
beschriebene schlechte Wetter verfolgte uns auch weiterhin auf dem Weg in den
Süden Vietnams. Dies hatte zur Folge, dass unsere Routenplanungen mal wieder
hinfällig wurden. Anstatt uns Stück für Stück unseren Weg die Küste hinunter zu
bahnen, strandeten wir für ca. eine Woche in Hoi An um anschließend von dort
direkt nach Ho Chi Minh City zu fliegen. De facto haben wir also in knapp drei
Wochen Vietnam vier Städte gesehen. Das ist natürlich bei einem Land von der
Größe Vietnams etwas schade, aber ich kann nicht behaupten, dass es deshalb
langweilig wurde.
Dabei hatte alles so gut
angefangen. Der Taifun Haiyan war gerade über uns hinweg gezogen, schon setzen
wir uns in den nächsten Bus in Richtung Hue um von dort direkt weiter nach Hoi
An zu fahren. Während dieser ermüdenden 24h Reise in überraschend komfortablen
Schlaf-Bussen, auch wenn die Betten natürlich wieder auf Asiatisches
Kompaktformat ausgelegt waren, wurde das Wetter Zusehens besser je weiter wir
Richtung Süden fuhren. Und tatsächlich verbrachten wir den kompletten ersten
Tag an einem 3km langen Strandabschnitt, welcher aufgrund vorheriger
Evakuierungsmaßnamen aus Angst vor Haiyan beinahe menschenleer war. Dies sollte
aber zu gleich unser letzter Strandtag in Vietnam sein. Am folgenden Tag setzte
ein Dauerregen ein, der es uns beinahe nicht mal ermöglichte unser Hotel zu
verlassen, dazu aber später mehr.
Das Hotel in Hoi An stellte sich
als absoluter Glücksgriff heraus. Auch wenn die 6-Mann-Zimmer sehr einfach
gehalten waren, wurde uns jeden Morgen ein sensationelles Frühstücks Buffet
serviert. Frisches Crepes, Pancakes, Omelettes nach Wünsch und jede Menge
andere Delikatessen versüßten uns den Start in den Tag. Die Stadt selbst kann
man nur als traumhaft bezeichnen. Eine kleine Küstenstadt geprägt vom
französischen Kolonialstil dessen exponierte Lage ihr zu Großen Reichtum
verhalf. Mich erinnerte die Atmosphäre als auch das Stadtbild selbst stark an
Trinidad auf Kuba. Gut erhaltene und geschmackvoll verzierte Häuser,
französische Cafés sowie unzählige Schneidereien verliehen ihr aber einen
eigenen Charme.
Die Schneider-Kult gilt als das
lokal-kulturelle Erbe der Stadt. Alles was es hier an Textilien zu erwerben
gibt, ist maßgeschneidert, von der Sporthose bis zum Smoking. Da es auch für
uns zwangsläufig irgendwann ein „After-Travel-Life“ geben wird, nutzten wir die
Chance und gaben mal direkt jeweils einen neuen Anzug und ein paar Hemden in
Auftrag. Wir hatten aufgrund des Regens ja eh nicht so viel zu tun. Es galt
sich also durch ein Überangebot von 600 Schneidern zu arbeiten die Maßanzüge
zwischen 50-400$ anboten. Natürlich hatte jedes Restaurant und jedes Hotel
eigene Empfehlung für uns, wofür sie natürlich keinerlei Provision bekamen aber
jeden anderen als Abzocker bezichtigten. Wir verließen uns dann doch lieber auf
das Urteil von Mitreisenden und vorallem Tripadvisor. Nachdem wir uns selbst
einen Eindruck vor Ort machten, fiel unsere Wahl dann am Ende auf „Kimmy
Tailor“, einem der traditionsreichsten und zugleich teuersten Anbieter. In
ungezwungener Atmosphäre wurden wir von unseren persönlichen Designerinnen empfangen
und durften uns auf Notebooks durch zusammengestellte Kollektions-Kataloge von
verschiedensten Designern kämpfen, von Hugo Boss bis Valentino war wirklich
alles dabei. Nachdem man sich ein Grunddesign ausgesucht hat, wurde über
Feinheiten gesprochen, und anschließend ging es zur Stoffauswahl bevor am Ende
unsere Maße genommen wurden. Dieses ganze Prozedere dauerte ca. 3 Stunden. In
den nächsten Tagen folgten dann noch drei weitere Anprobetermine um
sicherzustellen, dass alles wie eine zweite Haut sitzt. Dieser ganze Spaß hat
uns insgesamt 340€ gekostet aber ich denke das Resultat kann sich sehen lassen.
Wie bereits erwähnt hatten wir
genau einen sonnigen Tag. Dieser genügte allerdings bereits um mir trotz
Lichtschutzfaktor 30 einen erheblichen Sonnenbrand einzufangen. Durchaus
unangenehm. Ich will mir gar nicht vorstellen wie das erst in Australien werden
soll?! Wie auch immer, aufgrund dieser Umstände hatte ich tendenziell weniger
Probleme mit dem ausbleibenden schönen Wetter als unsere Sonnenanbeterin Kathi.
Erst als dann wirklich die Straßen und Großteile der Altstadt komplett unter
Wasser standen und sich aufgrund von Überflutungen auch unserer Weiterreise
nach Nha Trang und Mui Ne erschwerte, war ich auch etwas genervt (vor allem
weil wir bereits Bustickets gekauft hatten). Wir mussten zwangsweise eine Nacht
länger in Hoi An bleiben und buchten sicherheitshalber einen Direkt-Flug nach
Ho Chi Minh City für ca. 35€, da niemand genau sagen konnte ab wann die Straßen
wieder befahrbar sind. Zu allem Überfluss war unser Hotel natürlich für die
folgende Nacht ausgebucht und wir damit quasi obdachlos. Unsere Idee einfach bei
Freunden im Zimmer zu pennen, kam beim Hotelpersonal nicht so gut an. Dieses
hatte uns angeboten für 8$ pro Person auf dem Boden im Hotelbüro zu schlafen –
sehr verlockend. Zu späterer Stunde ergab sich dann noch eine bessere
Alternative. Für drei Bier kaufte ich einer Gruppe Kanadier ein Bett im
6-Mann-Dorm ab, da diese von sich behaupteten für fünf Leute eh nur zwei Betten
zu brauchen. Naja, unser Glück..
Was macht man eigentlich den
ganzen Tag an einem Ort dessen gesamtes Entertainment-Paket auf gutes Wetter
ausgerichtet ist? Gute Frage. Wir hatten ja schon etwas Training zuvor in Hanoi und dieses
Mal gesellten sich glücklicherweise wieder unsere britischen und schottischen Kompagnons
vom Norden her zu uns. Es passierte was passieren musste. Der Bierkonsum rückte
in den Vordergrund und war neben unseren Anproben und dem obligatorischen
Besuch des Restaurants neben unserem Hotel die Hauptbeschäftigung. Es ist
allerdings auch sehr verlockend wenn Bier vom Fass überall ca. 10cent kostet
und Bars Alkohol-Flatrates für umgerechnet 3,5€ anbieten. Langeweile kam daher
nicht wirklich auf. Zu erwähnen gilt, dass Kathi ihr unentdecktes Talent im
Tisch-Fußball aufblitzen lies und wir damit reihenweise alle anderen
abservierten. Für manch einen blieb sogar nur die Erniedrigung unterm Tisch hindurch
zu krabbeln (Spezielle Regel wenn man zu null verliert).
Deutlich angeschlagen von diesen
intensiven Tagen waren wir dann jedoch auch froh als es dann weiter nach Ho Chi
Minh City ging. Der Flug ersparte uns zwar mal wieder 24h Busfahrt dennoch hatte er
einen leicht faden Beigeschmack, da wir so nun Nha Trang und speziell Mui Ne
nicht mehr sehen würden. Dafür hatten wir nun aber einen Tag länger in Ho Chi Minh, der dafür sorgte das der Aufenthalt dort etwas entspannter wurde. Eigentlich hatten
wir uns nach unserem unfreiwillig-langem Aufenthalt in Hanoi einen penibel
ausgearbeiteten Reiseplan für Vietnam ausgearbeitet um noch alles zu sehen, was
wir sehen wollten. Dieser hätte aber definitiv in Stress für uns geendet. Unser erster Eindruck von dieser Millionenstadt, auch als Saigon bekannt, war
allerdings eher mäßig. Angekommen im Backpacker Viertel auf der Bui Vien
Street, erinnerte uns das Ganze ein wenig an die Kho San Road in Bangkok.
Irgendwie war uns gar nicht danach, kein Vergleich zum charmanten Hanoi. Nach
einiger Zeit lebten wir uns aber auch hier ganz gut ein und gönnten uns
Massagen sowie einige Souvenirs aus den dort ansässigen Läden. Auch ein
Friseurbesuch stand für mich an, welcher auch dringend nötig war. Viele Haare
und einige Nerven weniger später konnten einige sich das Resultat ja schon über
Facebook oder Twitter anschauen. Ich bezweifle zwar, dass ich die Haare für den
Rest meines Lebens so tragen werden, aber für den Moment ist es denke ich das
Richtige.
Hervorgehoben werden muss allerdings
das Vietnam Kriegsmuseum. In eindrucksvoller Weise werden die Abgründe und
Gräueltaten des Krieges dargestellt. Auch wenn die Darbietung sich auf die
Perspektive der siegreichen Nordvietnamesen beschränkt, bekommt man einen
Eindruck davon wie falsch und unnötig dieser Krieg war und welche Folgen selbst
heute noch davon zu spüren sind. Fotoausstellungen zeigen Kriegshandlungen, den
Einsatz von Napalm sowie der Entlaubungsmittel Agent Orange und Agent Blue, die
über Vietnam versprüht wurden und den Tod sowie die Verstümmelung tausender
Menschen bis heute verursachen. Die Grausamkeiten die auf den Fotos zu sehen sind
hinterlassen nachträglich einen sehr einprägenden, emotionalen Eindruck. Umso
unverständlicher, geradezu absurd erscheint es einem wenn man nach dem Besuch
des eigentlichen Museums andere Touristen dabei beobachtet wie diese auf
martialische Weise neben US-amerikanischer Kriegsmaschinerie posieren. In
solchen Momenten fehlen einem wirklich die Worte…
Unseren letzten Tag verbrachten
wir auf einer Tour durch das Mekong Delta südlich von Ho Chin Minh City.
Eigentlich ist das einzig erwähnenswerte über die Tour, dass sie nicht erwähnt
werden muss. Alles erinnerte stark an eine Kaffeefahrt, sowohl das Programm als
auch die Gruppenteilnehmer und der semi-motivierte Reiseleiter. Die Krönung des
ganzes war dann, als allen eine ausgewachsene, mit Drogen vollgepumpte und
dadurch lethargisch-wirkende Python um den Hals gelegt wurde. Wer’s braucht. Völlig
absurd war auch die Gesangsvorstellung einiger Vietnamesinnen, die
versuchten mit schiefen Tönen und traditionellen Volksliedern wie „Happy
Birthday“ und „If you’re happy and you know, clap your hands“ die Touristenmasse bei Laune zu halten.
Eins muss zum Abschluss noch
erwähnt werden. Alle loben immer die thailändische Cuisine (berechtigterweise),
was aber die Köche in Vietnam teilweise zaubern ist wirklich bemerkenswert.
Dank Einflüssen aus der französischen Küche, die aus der Kolonialzeit stammen, schaffen sie
es asiatische Delikatessen in beinahe heimisch-schmeckende Gerichte zu
verwandeln. Besonders Meeresfrüchte und Fisch gilt es zu erwähnen, aber auch
die frischen (nicht frittierten) Frühlingsrollen
oder gar die schmackhaften Baguettes belegt mit Salat und Pastete vom
Straßenrand sind ein Genuss für jeden Gaumen. Ein wahres Feinschmeckerparadies. Unser Lieblingsrestaurant steht übrigens in Hoi An und heißt Vina Ngon. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht zählen
wie oft wir im Endeffekt dort dinierten. Einfach alles schmeckte großartig.
Resümierend empfanden wir Vietnam als ausgesprochen freundliches und schönes Land. Auch wenn unsere Reise nicht ganz so verlief wie geplant, hatten wir eine wirklich geile Zeit. Der Fokus lag halt weniger auf Seightseeing als mehr auf, naja schwer zu sagen, auf anderen Dingen halt. Übrigens, mal ein willkürliches Foto von uns zusammen:
Zum Ende dieses Blogposts möchte
ich noch ein kleines Novum vorstellen. Uns ist aufgefallen, dass wir im Prinzip
in jedem Land eine andere Playlist haben und bestimmte Lieder die uns
begleiten. Daher werden ab sofort, die Lieder posten die wir mit dieser Zeit
assoziieren. Los geht’s: Unser Soundtrack für Vietnam:
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