Der dritte und letzte Teil meines
Afrika-Abenteuers spielt sich vornehmlich in Kapstadt ab. Anstatt wie bisher
das Entdecken von Ländern auf das Reisen zu beschränken, entschloss ich mich
dieses Mal einen etwas anderen Ansatz zu wählen. Ich wollte das Angenehme mit
etwas Nützlichem und zu gleich Unbekannten verbinden. Mal den Büroalltag
vergessen und schauen wie es ist in anderen Bereichen und Ländern zu arbeiten.
Für vier Wochen unterstütze ich das Nolthando Day Care Center in Kayelitsha,
dem größten Township in Kapstadt bei allen Tätigkeiten die in einem
Kindergarten so anfallen – außer beim Wickeln, die Erfahrung blieb mir zum
Glück erspart.

In diesem Blogpost wird es daher
eher um die Erfahrungen gehen, die ich im Rahmen der Freiwilligenarbeit gemacht
habe sowie den Annehmlichkeiten und dem Lifestyle den eine Stadt wie Kapstadt
so mit sich bringt. Der spannendste Teil für mich persönlich war allerdings, zu
sehen wie es ist in eine Parallelwelt abzutauchen. Den roten Faden der sich in
irgendeiner Form durch unser aller Leben zieht für einen kurzen Moment zu
trennen und zu schauen wie ein Leben am anderen Ende der Welt, in einem anderen
Job und mit anderen Menschen um mich herum aussehen könnte. Und mein Alltag
konnte sich kaum mehr von dem unterscheiden was ich aus Deutschland gewohnt
bin. Plötzlich hatte ich ein eigenes Auto, trug Flip-Flops statt Lederschuhe
zur Arbeit und war nie weiter als 20 Minuten vom Meer entfernt. Aber nun mal
der Reihe nach.

Kapstadt steht im harschen
Kontrast zu allen anderen Orten im südlichen, wahrscheinlich sogar in ganz
Afrika. Es gibt wahrscheinlich wenig Städte auf der Welt deren Lage eine
schönere Szenerie bietet. Die Ozeane auf beiden Seiten und am Fuße des
ikonischen Tafelbergs hätten sich die Niederländer damals keinen schöneren
Platz aussuchen können um eine Versorgungsstation für ihre Handelsflotten zu
errichten. Einige hundert Jahre später hat sich diese Siedlung zu einer
kosmopolitischen Metropole entwickelt, die dem europäischen Lifestyle ähnlicher
ist, als der teils harschen Lebensrealität in anderen afrikanischen Städten. Es
gibt eine florierende Restaurant- und Bar Szene, welche durch die krasse
Abwertung des südafrikanischen Rands in letzten Jahren nun auch noch
ausgesprochen erschwinglich ist. Perfekte Voraussetzungen also es sich in den
letzten vier Wochen in Afrika nochmal richtig gut gehen zu lassen.
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Besuch aus der Heimat |
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Muizenberg Beach |
Das Leben hier klingt ziemlich
perfekt, oder? Die Realität sieht leider etwas anders aus. Das Leben was ich
hier gerade skizziert habe, kommt vornehmlich der weißen und wohlhabenden
Bevölkerung zu Gute. Auch wenn die Apartheid bereits vor Jahren abgeschafft
wurde, sieht man sie heute vor allem in der sozialen Ungleichheit zwischen den
Bevölkerungsgruppen. Es gibt nach wie vor Restaurants oder Bars in denen
hauptsächlich entweder Schwarze oder Weiße anzutreffen sind. Das liegt allerdings nicht
an formeller Trennung oder Verboten, sondern an den unterschiedlichen
Preiskategorien der jeweiligen Lokalitäten. Der Großteil der insgesamt 3,7
Millionen Einwohner Kapstadts wohnt nicht in den schönen Villen und
Strandhäusern im Zentrum, sondern in umliegenden Townships. Kayelitsha – das
Township wo sich auch das Nolthando Day Care Center befindet – liegt ca. 30km
außerhalb des Zentrums von Kapstadt. Es braucht also genau eine 30-minütige
Autofahrt, um von einem der wohlhabendsten Ecken des Kontinents in eine der
ärmsten zu kommen. Besonders am Anfang war diese Pendelei zwischen den zwei
Welten für mich mehr als gewöhnungsbedürftig. Umso erschreckender ist es wie
schnell man sich daran gewöhnt.

Apropos Auto, das erste Mal in
meinem Leben hatte ich ein Auto welches mich durch meinen Alltag begleitet hat.
Ein dunkelblauer VW Golf 1 mit leichten Motorproblemen bei Kaltstart brachte
mich zuverlässig von A nach B oder wohin ich eben wollte. Die erste Fahrt nach
Kayelitsha war allerdings begleitet von einer gewissen Nervosität. Auch wenn
ich bereits in Soweto erste Berührungspunkte mit einem Township hatte, war es
nun doch etwas anderes vollkommen alleine und ohne funktionierendes Navi
dorthin zu fahren. Man hört im Vorfeld sehr viele Geschichten über Hit’n Runs
an Ampeln und sonstige teils bewaffnete Raubüberfälle. Wirklich passiert ist
mir glücklicherweise nichts, abgesehen von einem geklauten Autoradio. Dies
wurde mir allerdings in der Nacht vor meiner Unterkunft entwendet und nicht
etwa im Township. Netterweise wurde auch nichts aufgebrochen, sondern es wurden einfach die Fenster ausgehebelt, wie man hier sieht:
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Noluthando Kindergarten |
Erstmal angekommen im
Kindergarten vergisst man das Drumherum sehr schnell. Innerhalb von Sekunden
bildete sich eine Traube aus ca. 40 laut schreienden Kindern um mich herum, was
meine Fortbewegungsmöglichkeiten doch sehr einschränkte. Nachdem ich mich
endlich zum „Büro“ der Kindergartenleitung durchgekämpft hatte, lernte ich
Mavis Mbaba kennen. Die mittlerweile über 60-Jährige gründete den Kindergarten
bereits 1994, damals noch bei sich zu Hause. Mittlerweile kümmern sie und ihre
sechs Mitarbeiter sich um ca. 200 Kinder, die zwischen 6 Monate bis sechs Jahre
alt sind und ermöglicht Ihnen darüberhinaus zwei Mahlzeiten am Tag.

Nach einem kurzen Briefing ging
es für mich auch direkt los. Ich unterstütze die Erzieherinnen bei all den
Tätigkeiten die in einem Kindergarten halt so anfallen, von der reinen
Aufsichtsfunktion, über Bastelstunden bis hin zur Essensausgabe und
Sauberhaltung der Räumlichkeiten war alles dabei. Was die Sache etwas
erschwerte, war der Umstand, dass die meisten Kinder nicht wie von mir
angenommen Englisch sprachen, sondern isiXhosa. Diese Sprachbarriere führte
auch dazu, dass die Kinder mir ziemlich auf der Nase herumtanzten, wenn sie
gerade Lust dazu hatten. Ich legte mir als so schnell wie möglich ein sehr
beschränktes aber doch hilfreiches Vokabular zu mit netten Begriffen wie. „Ei“
(Nein), „suka“ (geh weg) oder „tula“ (sei ruhig). Als die Kleinen merkten, dass
das so ziemlich die einzigen Wörter sind die ich beherrsche, verloren sie
leider auch schnell wieder an Wirkung. Böse kann man ihnen irgendwie trotzdem nicht sein.

Zusammen mit Karen einer weiteren
Freiwilligen aus Deutschland, die im Noluthando Kindergarten ein freiwilliges
soziales Jahr machte, organisierten wir eine Weihnachtsfeier für die Kinder und
Erzieherinnen. Wir kauften einen stilechten Tannenbaum aus Plastik und ganz
viel bunte Deko sowie Schoko-Nikoläuse für die Kleinen. Die eigentliche Herausforderung
war allerdings die heimliche und ungestörte Vorbereitung der Weihnachtsfeier,
da wir durchgehend teilweise sehr penetranten Versuchen ausgesetzt waren den
Raum vor Beginn der Feierlichkeiten zu betreten. Umso erstaunlicher war es wie
ruhig, ja fast andächtig die gesamte Rasselbande dann später im Kreis saß und
Weihnachtslieder gesungen hat. Als dann das Zeichen kam, dass die Schokolade
nun gegessen werden durfte, war es natürlich aus der mit Ruhe.

Resümierend kann ich sagen, dass
mir die Kleinen in den knapp vier Wochen echt ans Herz gewachsen sind, ich aber
auch gemerkt habe, dass das Berufsbild des Erziehers auf Dauer wahrscheinlich
eher nichts für mich ist. Umso wichtiger ist es, dass dieser Job von guten
Leute gemacht wird, besonders in einem Umfeld wie dem in Kayelitsha. Mavis und
ihre Kollegen machen einen riesen Job und freuen sich über jede Unterstützung
die sie bekommen können. Weitere Informationen zur aktuellen Situation und
Projekten findet ihr
hier. Es gibt auch ein Spendenkonto das
über Misereor verwaltet wird. Alle Beträge fließen zu 100% in das Projekt. Der
Kontostand, sowie die laufenden Arbeiten können auf Wunsch abgefragt werden per
E-mail an: info@africanbikers.com.
Konto: Misereor Spendenkonto
BIC (Swift Code): GENODED1PAX
IBAN: DE75 3706 0193 0000 1010 10
Verwendungszweck: W31068
Nolunthando Kindergarten Kapstadt
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