Kambodscha Part 2 – Jetzt mal ein wenig Kultur

Wie von Kathi geschildert, waren die ersten Tage in Kambodscha durch „nichts-tun“ geprägt. Abchillen auf Inseln wie man neudeutsch sagt. Zweifelsohne, Kambodschas Küste bietet natürlich auch die passende Szenerie dafür. Aber dieses Land hat weit mehr zu bieten an Kultur und Geschichte, auch mehr als wir selbst anfangs vermutet hätten.


Angefangen hat unsere kulturelle Odyssee in Siem Reap, einer malerischen Stadt im Norden Kambodschas. Auch wenn die Stadt als solche definitiv eine Reise wert ist, so erlang sie ihre Bekanntheit (und ihren Flughafen) durch die unmittelbare Nähe zu den Tempelanlagen von Angkor, dem achten Weltwunder. Aber auch sonst bietet die Stadt einiges an Lebensqualität und wenn ich von Lebensqualität rede, dann meine ich meistens Essen. Und das gab es in Hülle und Fülle und teilweise sogar selbst zubereitet wie Bilder vom Kochkurs beweisen. Das Nationalgericht nennt sich Amok und könnte als eine Art Curry definiert werden, auch wenn es ganz anders schmeckt. Dies hat uns so gut gefallen, dass wir es einfach nachkochen mussten und uns direkt mal eine Kochschule Vorort gesucht haben. Die Wahl fiel schlussendlich auf Le Tigre de Papier, direkt im Zentrum von Siem Reap und in unmittelbarer Nähe zum Markt. Das ganze kostete ca. 10€ und beinhaltete 2 Gerichte (die dann natürlich auch gegessen werden konnten). Nach ca. 3 Stunden Arbeit konnte sich das Resultat wirklich sehen (und schmecken) lassen.


Da Kathi sich immer noch nicht wirklich aus ihrem Krankenbett erheben konnte, verschob sich die Besichtigung von Angkor Wat noch ein paar Tage. Stattdessen erkundeten wir die Stadt ausgiebig per Fahrrad. Wir fanden Gefallen an dem Gedanken vielleicht ja auch das riesige Tempelareal per Mountainbike erkunden zu können. Als wir aber am Abend vor unserem eigentlichen Besuch einen kleinen Abstecher dorthin machten um schon mal unsere Eintrittskarten für den Folgetag zu sichern, erkannten wir dass es vielleicht bequemere Varianten gibt. Zumal wir planten uns den Sonnenaufgang anzuschauen was hieße wir müssten mit unseren Bikes ca. um halb vier nachts das Hotel verlassen um pünktlich dort zu sein. Letztendlich mieteten wir uns also ein Tuk Tuk samt Fahrer für einen Tag um das Gelände zu erkunden.



Angkor vereint gehört zu den weltweit eindrucksvollsten Stätten des Altertums und vereint die epischen Proportionen der Chinesischen Mauer, den kunstvollen Detailreichtum des Taj Mahal und die symbolische Symmetrie der ägyptischen Pyramiden – so schreibt es zumindest unser Reiseführer. Zudem steckt dahinter noch eine umfangreiche Geschichte. Alle möglichen Königreiche und Religionen haben sich dort in irgendeiner Form verewigt. Gelesen haben wir es alles, aber irgendwie bleib nichts so wirklich haften. Ist wahrscheinlich so als würdest man einem Chinesen die komplette Geschichte von Preußen erklären – es fehlt der direkte Bezug um alles aufzunehmen. Daher beschlossen wir uns einfach auf die Architektur und die Ausmaße der Gebäude zu konzentrieren da wir beide um vier Uhr morgens noch nicht wirklich in der Stimmung für fernöstlichen Geschichtsunterricht waren. Jeder Reiseführer empfiehlt einem sich 2-3 Tage Zeit für die Erkundung der Tempelanlagen von Angkor zu nehmen. Mit dem Hintergrund, dass wir nun schon ca. 5 Quadrillionen Tempel gesehen haben, entschieden wir uns lediglich die „Highlights“ zu erkunden. Diese beinhalten natürlich auch Angkor Wat selbst. Als eine der meißt-gehypten Sehenswürdigkeiten weltweit konnten wir bereits am Vorabend Unmengen an Touristen sehen, die teils mit Tuk Tuk, Fahrrad oder Bussen angekarrt wurden. Wir hofften, dass der frühe Zeitpunkt des Sonnenaufgangs einen Großteil abschrecke und etwas entspanntere Atmosphäre zu lassen würde – Pustekuchen. Bei unserer Ankunft um 5 Uhr morgens warteten bereits mehrere Duzend Fotographen auf das perfekte Bild. Mit unseren selbst-geschmierten Nutella-Broten gesellten wir uns zu ihnen. Hier das Resultat.


Nach kurzer Erkundungstour ging es dann weiter zum Gebäudekomplex Ta Prohm. Dieser wird vielen als Kulisse des Filmes Tomb Raider in Erinnerung sein. Dieser Tempel steht beispiellos für die Vergänglichkeit der Dinge und die Kraft der Natur, die sich schier erbarmungslos ihr Terrain zurückerobert. Eindrucksvoll sichtbar in Form der gewaltigen Baumwoll-Bäume und der Würgefeigen, deren Wurzeln sich durch die Gebäude schlängeln und die teilweise ganze Teile des Tempels umschliessen. Wir warteten kurz am Eingang um den russischen und chinesischen Reisegruppen den Vortritt zu lassen und dann das Gelände möglichst ungestört erkunden zu können. Ein wirklich magischer Ort.




Die letzte erwähnenswerte Etappe führte uns nach Angkor Thom, ein Areal das Ende des 12. Jahrhunderts als neue Hauptstadt des Angkorreichs errichtet wurde. Hinter den kolossalen Stadtmauern befindet sich auch die Tempelanlage Bayon. Sicherlich von Größe und Ausmaß her nicht vergleichbar mit seinem Nachbarn Angkor Wat aber dank seiner einzigartigen Bauweise nicht weniger imposant. Das auffallendste architektonische Merkmal des Tempels sind die Türme mit den meterhohen lächelnden Gesichtern. Insgesamt folgen einem 200 dieser Gesichter auf Schritt und Tritt durch die verwinkelten Gänge. Glaubt man den Geschichtsbüchern (und Gratis-Broschüren), sind die Gesichtszüge dem damaligen König Jayavarman VII. nachempfunden. Was seine Beweggründe waren ist mir leider entfallen. Vermutlich fand er sich einfach unglaublich hübsch. Wie auch immer – die Geschichte Kambodschas ist einfach zu traditionsreich und komplex als das man während eines zweiwöchigen Aufenthaltes alles aufsaugen könnte.


Die tragischste und grausamste Epoche, die diesem Land und seinen Einwohnern widerfahren ist liegt allerdings noch keine 40 Jahre zurück. „Pol Pot“ oder „Rote Khmer“ waren uns schon irgendwie ein Begriff. Vielleicht aus dem Geschichtsunterricht, vielleicht aber auch aus anderen Quellen assoziiert man gewisse Bilder mit diesen Begriffen. Auch von den Killing Fields hatte man schon mal gehört, aber vor Ort mit alle dem unmittelbar konfrontiert zu werden, ist schon eine sehr einprägende Erfahrung. Zu den geschichtlichen Ereignissen als solchen will ich hier auch gar nicht zu viel sagen, für solche Dinge gibt es Wikipedia. Nur so viel um die Dimension dieses Genozids zu begreifen. Während der vierjährigen Schreckensherrschaft wurden schätzungsweise 1,7 bis 2,2 Millionen Menschen in Todeslagern umgebracht oder kamen bei der Zwangsarbeit auf den Reisfeldern ums Leben (bei einer Gesamtbevölkerung von etwas mehr als sieben Millionen). Heute beträgt der Altersdurchschnitt in Kambodscha gerade einmal 21,7 Jahre. Opfer waren sowohl Oppositionelle, ausländische Kollaborateure sowie jeder der als gebildet galt bzw. verdächtig wurde der Bourgeoisie anzugehören. Dafür reichte es bereits aus eine Fremdsprache zu sprechen oder eine Brille zu tragen. Wer noch mehr über diese Epoche erfahren will, dem empfehle ich wärmsten das Buch First They Killed My Father von Loung Ung.

"S21"
In Phon Penh angekommen, entschieden wir uns sowohl das Sicherheitsgefängnis 21 als auch die Killing Fields, von denen es duzende in ganz Kambodscha gibt, zu besichtigen um einen besseren Eindruck davon zu bekommen. Dafür mieteten wir uns mal wieder ein Tuk Tuk für ca. 15$.
Im berüchtigten „Sicherheitsgefängnis 21“, das unter der Leitung des unter seinem Pseudonym „Duch“ bekannten Kaing Guek Eav stand, überlebten sieben von insgesamt 15.000 bis 30.000 Gefangenen während der Khmer Herrschaft. Unser Tour-Guide, welche selber mehrere Angehörige dort verloren hatte, erklärte uns auf sehr bewegende Weise was an diesem Ort vor sich ging. Wer dort nicht an der Folter starb, wurde auf den Killing Fields vor den Toren der Stadt umgebracht.

"The Killing Tree"
Zu diesen ging es auch als nächstes auf unserem Trip. Auf dem Gelände selbst wurde eine riesiges Museum und Dokumentationszentrum errichtet welches einem per Audio Guide Schritt für Schritt über das Gelände und durch die Geschichte führt. Ein Besuch dort ist wirklich sehr empfehlenswert, an Professionalität und Ausmaß wird dieses Museum aus meiner bisherigen Erfahrung eigentlich nur vom Yad Vashem in Isreal übertroffen. Auf die grausamen Details der Tötungen verzichte ich hier jetzt mal. Insgesamt wurden alleine an diesem Ort ca. 17.000 Menschen exekutiert auf teils barbarische Weise, da Gewehrmunition zu teuer war. Massengräber mit bis zu 9000 Leichen wurden hier gefunden und noch heute werden bei starken Regenfällen Knochen, Zähne oder Kleidungsstücke an die Oberfläche gespült.

Ein buddhistisches Mausoleum mit den Schädeln aus den Massengräbern
Was allerdings sehr befremdlich wirkte, war das Ende unserer Tour. Unser Fahrer fragte uns ob wir nun noch an den Schießstand möchten um mit einer AK47 fröhlich herum zu ballern, dies sei der normale Ablauf dieser Tour. Noch immer tief bewegt von dem Gesehenen verzichteten wir dankend auf diese Erfahrung. Allerdings frag ich mich wirklich wie Leute nach so einem Tag allen Ernstes Lust dazu verspüren, fröhlich ein Maschinengewehr zu schwingen..

Jetzt ist es etwas schwierig den Übergang zu angenehmeren Themen zu finden. Phon Penh selbst hat auch ein paar schöne Ecken auch wenn der Großteil der Stadt eher dreckig ist und unglaublich schlechte Straßen hat. Unsere Freizeit verbrachten wir hauptsächlich an der sehr gepflegten Flusspromenade, auf der Rooftop Bar unseres Hostels oder im Kino, wo wir Hunger Games schauten. Unser erklärtes Ziel ist es nämlich in jedem Land mindestens einmal ins Kino zu gehen um regionale Unterschiede festzustellen und uns mal ein bisschen Abseits ausgetrampelter Touristenpfade zu begeben.

An unserem letzten Tag in Kambodscha erwartete uns noch ein absolutes Highlight, nicht nur bezogen auf die zwei Wochen sondern auf unsere gesamte Reise. Seit dem Tag als wir in Chang Mai das erste Mal mit Elefanten und Affen in Berührung kamen, warteten wir auf diesen Moment. Wir verbrachten einen kompletten Tag im Phnom Tamao Wildlife Rescue Center, wo wir die Behind the Scenes Tour für knackige 150$ pro Person buchten. 1200 aus Gefangenschaft befreiten Tieren wird hier ein zuhause geboten mit dem ultimativen Ziel sie irgendwann wieder in die Freiheit zu entlassen – sofern möglich. Nach der Abholung ging es mit unserem persönlichen Guide Emma zunächst zum Markt um Früchte als Nahrung für die Tiere einzukaufen. Bei Ankunft auf dem eigentlichen Gelände wurden wir auch schon lautstark durch das Trompeten von Lucky, einem Elefanten im Teenager-Alter begrüßt. Mit unglaublicher Geschwindigkeit raste sie auf unseren Van zu, von dem sie wusste dass er mit Früchten gefüllt sei. Einem vier Tonnen schweren Tier verwehrt man natürlich keine Wünsche und so ging es nach kurzer Futterpause dann weiter zum Zentrum des Areals. Im Laufe des Tages sahen wir Lucky dann im Laufe einer kleinen „Paint-Session“ und zum Nachmittagsspaziergang nochmal wieder. Daneben besuchten wir sowohl die Tieraufzuchtsstation sowie alle möglichen Tiere, von Affen, Tigern, Bären bis hin zu Rentieren. Emma erwies sich dabei alles ausgesprochen fachkundig und klärte uns über die Arbeit, die Probleme als auch die Ziele des Rescue Centers auf und versorgte uns mit reichlichen Informationen zu den Tieren. Ich denke die Bilder drücken den Spaß den wir hatten ganz gut aus!



Ein massagesüchtiger Gibbon









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