Im Südwesten Boliviens, auf 3.653
Metern Höhe, entfaltet sich im gleißenden Licht der Höhensonne ein Meer aus
Salz: die Salar de Uyuni. Mit einer Fläche von 10.580 km² hat der See eine doppelt so große
Flächenausdehnung wie beispielsweise Ostwestfalen. Es ist die größte Salzwüste
der Welt. Es wirkt wie ein weißer Ozean welcher sich über dem Hochland Boliviens erstreckt und umrahmt
wird von Bergen und zahlreichen Vulkanen. Mitten im See liegen kleine Inseln,
die für ihre vielen bis circa 20m hohen und teilweise mehr als 1200 Jahren
alten Kakteen bekannt sind. Ein Kaktus muss etwa hundert Jahre wachsen, um die
Höhe von einem Meter zu erreichen. Im
Süden des Salzsees erstreckt sich eine faszinierende Vulkan- und Wüstenlanndschaft,
in der viele uns nicht vertraute Tierarten leben. Eine dieser Tierarten sind die
Vikunjas, die zur Familie der Kamele zählen. Sie sehen jedoch eher aus wie eine
Mischung aus Lama und Reh. Sie sind die Produzenten der teuersten Wolle der
Welt. Ihre Verwandten, die Lamas und Alpakas, gehören genauso ins Bild der
Hochebene wie die unzähligen Flamingos. Beeindruckend sind auch die unzähligen
Geysire und Thermalquellen, die zwischen den Bergen und Vulkanen der Anden
brodeln. Gewaltige Fontänen schießen meterhoch aus dem Lava-Gestein. In den
heißen Quellen lässt es sich aushalten. Denn sobald die Sonne untergeht,
herrscht eine eisige Kälte in dieser Region. Kein Wunder, dass dieses
Naturschauspiel jedes Jahr zahlreiche Touristen nach Uyuni lockt.
Natürlich platzt der kleine Ort
Uyuni, welcher am Ufer der Salar de Uyuni liegt, nur so von Touranbietern, die
alle eine Rundtour durch die Salzwüste anbieten. So verbrachten wir einen
halben Tag damit, Preise zu vergleichen und einen guten Touranbieter zu finden.
Letztendlich überzeugte uns eine rückkehrende Reisegruppe von ihrer Agentur,
sodass wir dort einen drei tägigen Ausflug buchten. Im Nachhinein betrachtet,
ist es eigentlich aber egal bei wem man seine Tour bucht, da jeder dasselbe
Essen bekommt, in einer ähnlichen Unterkunft nächtigt, und im gleichen SUV
sitzt. Unsere Truppe bestand aus zwei Belgiern und zwei weiteren Deutschen.
Jeder hatte bei einer anderen Agentur gebucht, schlussendlich saßen wir alle im
selben Auto. Unser Fahrer war im Gegensatz zu manch anderen, sehr nett und
hatte ein AUX Kabel für uns, sodass wir unsere eigene Musik hören konnten. Da
man die meiste Zeit der drei Tage im Auto verbringt, war dies wirklich vom
Vorteil, denn wer möchte schon gern die gesamte Zeit bolivianische Folklore
oder Reggaeton hören.
Am Abend bevor es losging,
bekochte uns eine ältere Bolivianerin in ihrem kleinen Restaurant, welches
gerade mal Platz für ca. zehn Leute und ihrem Herd hatte. Für eine Gemüsesuppe
sowie einem Hauptgericht mit Fleisch und Reis bezahlten wir gerade mal einen
Euro. Unseren Abend ließen wir in einem lustigen Pub, der uns einiges an Spaß
bereitet hat durch seine lustigen Cocktail- Gläser, mit ein paar anderen
Hostelbekanntschaften ausklingen. Ein Bild davon zu zeigen, wäre jedoch nicht
jugendfrei.
Zurück zum eigentlichen
Highlight. Auf dem Weg zur Salzwüste stoppten wir auf einem Friedhof für Züge,
auf welchem zahlreiche alte Dampflokomotiven und Waggons ihrer vollständigen
Auflösung entgegen rosten. Ein Paradies für jeden mit einer Kamera ausgestatten
Touri.
Dann endlich war es soweit und
wir erreichten die Salar de Uyuni. Wie zuvor schon beschrieben, ist es wirklich
extrem faszinierend. Die kristall ähnlichen Formen und die unendliche Weite
lassen diese Wüste irreal erscheinen, als wäre es eine andere Welt. Natürlich waren alle erst einmal die nächsten
Stunden damit beschäftigt, ein perfektes Foto zu schießen. Dies war gar nicht
so einfach, aber ich denke letztendlich haben wir ein paar gute Pics
hinbekommen.
Abends erreichten wir unsere
Unterkunft auf knapp 4000m über dem Meeresspiegel; ein Hotel welches komplett
aus Salz errichtet wurde.
Wir hielten uns bei Coca Tee und mit ein paar
Flaschen Wein warm und spielten Karten bei Kerzenschein, da ab ca. 20 Uhr kein
Strom mehr zur Verfügung stand. Ein positiver Nebeneffekt hiervon waren die
unzähligen Sterne, die nun extrem strahlten und die Nacht erleuchteten. Erstaunlicherweise war diese Nacht nicht so kalt wie erwartet und somit
starteten wir munter in den neuen Tag.
Wir waren alle fasziniert von der
Landschaft die sich uns in den nächsten Stunden bot. Ich glaube fast keiner aus
unserer Gruppe hatte erwartet, dass diese Region so wunderschön ist und sich
nicht nur ein Besuch auf Grund der Salzwüste lohnt. Verschiedenste Lagunen,
einfarbige sowie mehrfarbige, waren in regelmäßigen Abständen zu finden.
Hunderte von Flamingos, Vikunjas, Alpakas und Lamas grasten im Umland. Aktive
sowie inaktive Vulkane, Lava Gestein inmitten von Wüsten oder bunte Bergen wie
wir sie zuletzt in Argentinien gesehen hatten,
waren unsere Begleiter an diesem Tag.
Völlig überwältigt von dieser
Schönheit, die sich nicht hinter Ländern wie Neuseeland verstecken muss,
erreichten wir unsere sehr einfache Unterkunft auf 4300m Höhe. Diese Nacht war
jedoch extrem kalt und mein Schlafsack, sowie 3 weitere Decken und meine warme
Kleidung konnten mir nicht helfen einen ruhigen Schlaf zu finden. Mitten in der
Nacht weckte uns unser Guide, sodass wir pünktlich zum Sonnenaufgang bei den
Geysiren sein konnten. Das frühe Aufstehen hat sich aufjedenfall gelohnt.
Während die Sonne aufging, sprudelten die Geysire und der typische
Schwefelgeruch lag in der Luft. Die Erde in der gesamten Umgebung war aktiv am
brodeln und überall dampfte es vor sich hin. Abschließend ging es dann für
diejenigen die sich trauten ihre warme Kleidung gegen Badesachen zu tauschen in
die Hot Pools um dort ein bisschen zu entspannen bevor es dann den gesamten Weg
zurück nach Uyuni ging.
Am selben Abend nahmen wir direkt
den Nachtbus nach La Paz um keinen weiteren Tag in Uyuni verbringen zu müssen,
denn abgesehen von der wunderschönen Landschaft hat die Stadt nicht viel zu
bieten. Pünktlich zum Frühstück kamen wir in La Paz an und checkten auf Empfehlung
eines Freundes ins Loki ein. Das Loki hat eine perfekte Lage mitten im Zentrum
und mit einem traumhaften Blick über die gesamte Stadt. Wie Fabian schon
erklärt hatte, ist Sucre die Hauptstadt von Bolivien doch in La Paz befindet
sich der Regierungssitz, welcher mit einer Höhe von 3200m der höchstgelegene
der Erde ist. Zusätzlich befindet sich in El Alto, einem Stadtteil von La Paz,
der höchstgelegene Flughafen der Welt auf 4061m über dem Meeresspiegel. Die
Abfahrt von El Alto hinunter nach La Paz bietet einem einen spektakulären Ausblick. Da
man auf dieser Höhe jeden Höhenmeter spürt, besteht eine eindeutige Beziehung
zwischen der Höhenlage der Wohnviertel und dem sozialen Status. Umso höher die
Lage, desto ärmer sind die Bewohner. Die Temperatur nimmt durchschnittlich 0,6
Grad je 100m ab, sodass eine Differenz zwischen den tiefsten und höchsten
Wohnlagen von 6 Grad im Durchschnitt gemessen wird. Die Bewohner in den höheren
Gebieten haben auch mehr Probleme mit der sogenannten Höhenkrankheit. Zum Glück
waren wir nach Potosi und unserem Aufenthalt in der Salzwüste bereits an die
Höhe gewöhnt und hatten keinerlei Probleme.
Wir erkundeten die Stadt, dreimal
dürft ihr raten, bei einer Free Walking Tour und ließen es auch sonst relativ
entspannt angehen. La Paz hat unzählige Märkte auf denen man unter anderem
jeden aktuellen Film oder Serie für einen Euro erwerben kann, sich neu mit
Alpaka Wolle eindecken kann, verschiedene Spezialitäten ausprobieren kann oder
einfach nur normale Konsumgüter kaufen kann. Es gibt nämlich keine normalen
Supermärkte wie wir sie kennen.
Ein lokaler Markt zum Handel mit rituellen
Waren wird unter Touristen auch „Hexenmarkt“ genannt. Zum Beispiel findet man
dort neben medizinischen Heilpflanzen auch Lamaföten, die in Bolivien als
Opfergabe in den Grundmauern von Häusern Glück bringen sollen.
Nach langer Überzeugung entschied
ich mich dazu, die Death Road mit Fabian hinunter zu düsen. Die sogenannte
„Todesstrasse“ wurde in den 1930ern gebaut und verbindet La Paz mit der Stadt
Coroico welche bereits zum Amazonas Regenwald gezählt wird. Die ca. 70km lange
Strasse windet sich in vielen Serpentinen über steile Berghänge. Es gibt kaum
Leitplanken und die Abgründe sind teilweise bis zu 700m tief. Beginnend auf
4650m Höhe bei Kälte und Nebel, endet die Fahrt auf 1200m im tropischen
Dschungel. Schätzungen zufolge verunglückten bis 2007 zwei Fahrzeuge pro Monat
und jährlich starben 200 – 300 Reisende
auf dieser Strecke. Im Jahr 1995 wurde die Straße von der Interamerikanischen
Entwicklungsbank zur „gefährlichsten Strasse der Welt“ ernannt. Dennoch oder gerade deswegen ist die Death
Road seit den 1990er Jahren ein beliebtes Ziel für Mountainbiker geworden. Seit
2006 gibt es praktisch keinen Kraftverkehr mehr auf der Straße, da eine neue,
asphaltierte Straße eröffnet worden ist. Meiner Ansicht nach ist diese nach wie
vor ziemlich gefährlich. Heutzutage wird die Death Road also nur noch von den
zahlreichen Fahrradfahrern und deren begleitenden Vans benutzt. Dennoch sind in
den letzten Jahren ca. 25 Mountainbiker dabei verunglückt.
Es gibt hunderte von Unternehmen
in La Paz, die diesen Adrenalintrip anbieten. Die Preise schwanken dabei extrem
und hängen von der Qualität des Bikes ab. Natürlich wollten wir ein gutes Bike
und eine verlässlich Agentur haben, denn schließlich war dieser Ausflug nicht
ungefährlich. Uns wurde der Touranbieter „Barracuda“ von vielen anderen
empfohlen und wir bereuten unsere Entscheidung auf gar keinen Fall. Wir waren
14 Personen in unserer Gruppe und zwei Guides. Zu keinem Zeitpunkt habe ich
mich unsicher gefühlt. Die beiden Guides haben alle Streckenabschnitte sehr gut
erklärt und alle 20 Minuten gab es Pausen um auf die etwas langsameren Fahrer
(quasi mich) zu warten. Bevor es losging, mussten wir unser Fahrrad mit 96%
Alkohol segnen sowie selbst einen Schluck zu uns nehmen. Dies wurde als Ritual
ausgeführt um Schutz von Mutter Erde zu bekommen.
Die Fahrt hinunter war wirklich
atemberaubend. Die ersten 20km waren noch asphaltiert, sodass wir uns an das
Bike gewöhnen konnten. Alle Fahrräder waren im besten Zustand. Dann ging es die
nicht asphaltierte und ca. 3m breite Death Road hinunter. Fabian raste mir
schon in den ersten Momenten davon und war total in seinem Element wobei ich
großen Respekt vor der Höhe hatte und lieber gemütlich hinunter fuhr. Eine
lokale Verkehrsregel schreibt vor, abweichend vom sonstigen Rechtsverkehr in
Bolivien, dass auf dieser Straße Linksverkehr herrscht. Aus dem Grund, dass die
bergauf fahrenden Fahrzeuge bei Ausweichmanövern auf der dem Berg zugewandte
und damit besser befestigten Straßenseite fahren können. Das hieß, die die
runter düsen durften immer schön am Abgrund fahren. Ich bin dennoch ziemlich
oft rechts gefahren. Die Strecke gibt einem nicht nur einen extremen Adrenalin
Kick sondern zeigt eine ebenso wunderschöne Landschaft auch wenn man die meiste
Zeit seinen Lenker fokussiert. An einem bestimmten Punkt merkt man wie das
Klima von Kälte in tropische Hitze um schwingt und nach ca. 4 Stunden
erreichten wir das kleine Restaurant im Dschungel. Wir waren total erledigt.
Schließlich hatte man sich die gesamte Zeit extrem konzentriert. Nach einer
Dusche und einem leckeren Mittagsessen wurden wir noch mit einem T-Shirt, welches
besagt das wir die Death Road überlebt haben, belohnt und es ging auf der neuen
Straße zurück nach La Paz. Wir kehrten zurück ins Loki und entspannten noch einmal 2 Tage in La Paz bevor Fabian auf
sein bisher größtes Abenteuer ging. Ich muss sagen, mir gefiel La Paz richtig
gut und ich fühlte mich extrem wohl in der Stadt.
So was ist nun also Fabians
größtes Abenteuer? Die Besteigung des 6088m hohen Huyana Potosi. Ich entschied
mich die Tage mit ihm zu kommen und im Basislager auf 4700m auf ihn zu warten. Das
kleine Hostel war wirklich wunderschön, direkt gelegen am türkisenen Gletschersee.
Das einzige Problem war wieder einmal nur diese unglaubliche Kälte und die
fehlende Heizung.
Gleich zu beginn wurde klar, dass
der Rest der Gruppe etwas mehr Erfahrung bzgl. Bergsteigen hatte, sich
beziehungsweise mit Medikamenten besser als Fabian vorbereitet hatte. Die
Gruppe bestand aus Fabian und vier weiteren Männern sowie einer Frau. Am ersten
Tag fand ein reines Training statt um zu lernen in den Schuhen mit den
Steigeisen und dem Eispickel umzugehen. Für dieses Training wanderten wir bis
auf 5000m zum Beginn des Gletschers. Ja richtig, irgendwie konnte man mich
überzeugen zumindest das Training mitzumachen.
Leider zeichnete sich schon an diesem
Tag ab, dass dieser Trip nicht so verlaufen wird wie es sich Fabian gewünscht
hätte. Bereits beim Abendessen hatte Fabian Magenprobleme, welche in den
nächsten Tagen leider nicht mit Hilfe von Medikamenten verschwanden. Dennoch
entschied er sich am nächsten Tag ins 2. Basislager auf 5250m mit zu wandern.
Dort angekommen, ging die Gruppe um 18 Uhr ins Bett um nachts um 2 Uhr den
Aufstieg zu beginnen um pünktlich zum Sonnenaufgang den Gipfel zu erreichen.
Diese Nacht war die erste auf unserer Reise, die wir nicht gemeinsam
verbrachten. Ja ich weiss hört sich nun kitschig an, war aber irgendwie ein
komisches Gefühl. Ich war wirklich besorgt und freute mich auf die Rückkehr am
morgen. Leider verlief Fabians Nacht nicht nach Plan, trotz krankheitsbedingter
Schwächung versuchte er den Aufstieg, musste jedoch auf 5600m abbrechen und
umkehren. Sein Körper war zu geschwächt und die extreme Höhe und dünne Luft
machten ihm zu sehr zu schaffen. Ich
glaube momentan hat er genug vom Bergsteigen aber ich denke irgendwann wird er
es bestimmt noch einmal probieren.
Meine Zeit auf der Hütte war eher
unspektakulär, ich wurde bekocht von der Köchin und ihrer Tochter und
verbrachte meine Zeit mit Blog schreiben und lesen. Sehr entspannend. Als die
restliche Gruppe am späteren morgen zurückkam, zeigten sie uns wunderschöne
Bilder vom Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Das letzte Stück bis zum Gipfel soll
wohl am schlimmsten gewesen sein. Aber seht selbst:
Nach diesem Erlebnis kam es uns sehr gelegen für die nächste
Woche das Klima zu wechseln, da die Höhe und die kalten Temperaturen in La Paz
uns auf Dauer uns schon zu schaffen machte. Also ging es für eine Woche in den
Amazonas.
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