Was bleibt.

Aus der Kategorie "Geschrieben und nie veröffentlich" (26.12.2014):

Vielleicht liegt es an der besinnlichen Atmosphäre dieser Weihnachtstage, vielleicht war es auch einfach an der Zeit sich ein paar Gedanken von der Seele zu schreiben. Seit einem halben Jahr bin ich nun wieder zuhause, beziehungsweise in Düsseldorf (da ist mittlerweile meine neue Heimat). Ein wirklicher Abschluss, eine Aufarbeitung des Geschehenen fand bisher allerdings nicht statt. Dafür war keine Zeit. Bewerbungen mussten geschrieben werde, Wohnungen besichtigt und ja, leider stand auch ein Besuch beim Friseur an. Verdrängung und Prokrastination statt Aufarbeitung hieß die Devise. Zwischen Festivalbesuchen und Bewerbungsgesprächen war kein Platz für Reflektion. Die Ereignisse überschlugen sich und innerhalb von fünf Wochen nach meiner Rückkehr war der Arbeitsvertrag unterschrieben und Düsseldorf stand als neue Wahlheimat fest. Wenige Wochen zuvor passte mein gesamtes Hab- und Gut noch in einen 70 Liter Backpack, nun musste eine 95m² Altbauwohnung gefüllt werden - eine absurde Situation. Als dann der erste Arbeitstag kam, tauschte ich endgültig die Flip-Flops gegen Lederschuhe. Nur noch selten verliert man ein Wort über die Reise, wenn überhaupt dann nur in Gesprächen mit Menschen die selber ein Teil davon waren. Es fällt mir nicht leicht über das Erlebte zu berichten respektive das richtige Maß zwischen stumpfen Aussagen wie "Ja, war echt schön da; tolles Wetter und echt schöne Strände" und überheblich-wirkenden Backpacker-Geblubber zu finden. Es ist deutlich einfacher mit Leuten darüber zu sprechen, die ähnliches erlebt haben oder eben direkt dabei waren - Jaja, First-World-Problems eben..

Voll deep so ein Sonnenuntergang
Genau um diese First-World-Problems geht es in diesem Blogpost und das soll keinesfalls zynisch klingen oder verstanden werden. Ich habe vor kurzem gelernt, dass es Post Travel Depression, oder kurz PDT tatsächlich existiert. Und es ist wie bei so vielen Dingen im Leben, wird etwas nicht zur Genüge aufgearbeitet, verweilt es im Unterbewusstsein und kommt zu gegebener Zeit zurück. So gesehen, kann dieser Blogpost auch als eine Art Selbstbehandlung verstanden werden.

Die Reise und all die Abenteuer und Erlebnisse sind bereits weit in den Hintergrund gerückt. Vor genau einem Jahr befand man sich am anderen Ende der Welt und wusste nie was der nächste Tag bringen würde.  Die heutige Situation könnte unterscheidlicher kaum sein. Man denkt nicht mehr in Tagen oder Wochen, alles unterwirft sich einer viel langfristigeren Perspektive. Aus Unsicherheit und Reizüberflutung wird Routine. Man gerät in einen Trott, viel schneller als man es erwartet hatte. Die Gedanken drehen sich nicht mehr darum wo sich eine heiße Dusche finden lässt, sondern ob man es zwischen Security-Check und Boarding wohl am Flughafen noch auf einen Snack in die Business Lounge schafft. Ich möchte an dieser Stelle keineswegs den Eindruck erwecken, dass ich mit meiner beruflichen Situation nicht zufrieden bin. Ganz im Gegenteil, ich fühle mich absolut wohl in meiner Position und im Unternehmen. Ich versuche lediglich darzustellen in was für einer pardoxen Situation ich mich befinde fernab von jedweder wertenden Komponente. Ich beobachte an mir die langsame Transformation wieder hin zu dem Menschen der ich eigentlich nicht mehr sein wollte. Die Konsum-Gesellschaft zeigt sich mit all ihren bittersüßen Versuchungen, insbesondere zur Weihnachtszeit. Das Leben wie man es seit seiner Geburt führte, lässt sich nicht verleugnen. Verhaltensweisen und Charakteristika sind tief in uns verwurzelt. "Alles was du besitzt, besitzt irgendwann dich", sagte bereits Tylor Durdan in Fight Club. Habe ich gerade echt Fight Club zitiert?!

Wenn alles wieder seinen gewohnten Gang geht, was bleibt dann also übrig nach so einer langen Reise (abgesehen von einem Wissensvorteil beim Stadt-Land-Fluß spielen)?
Die Erkenntnis, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt! Es gibt viele Wege die vom Pfad abführen und alle führen zu unterschiedlichen Orten. Man darf sich nicht von Ängsten und Konventionen fesseln lassen sondern muss versuchen das Leben selbst als Reise zu verstehen. Wir haben das Glück, das unfassbare Privileg mit der gesellschaftlichen und beruflichen Freiheit zu leben, die uns vieles ermöglicht. Deshalb halt ich es für unsere "Pflicht" uns nicht mit dem zu begnügen was uns vor die Füße geworfen wird, sondern einen Schritt zur Seite zu gehen, über den Horizont zu blicken und zu schauen was sonst noch für uns möglich ist. Dabei geht es nicht darum in Endlossschleifen der Reflektion über sich selbst zu verharren, sondern mit offenen Augen und Herzen durch die Welt zu wandern und Chancen zu ergreifen die sich einem bieten. Klar passieren Fehler und nicht jede getroffene Entscheidung erweist sich immer sofort als richtig. Aber auch das gehört zu einer Reise dazu und ist eine willkommende Alternative gegen alltägliches Desinteresse und Zynismus.

Am Ende bleibt doch mehr als ein paar Schnappschüsse.

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