Sambia - Wo sich Löwe und Zebra gute Nacht sagen

Nachdem der erste Teil der Afrika-Blogreihe noch relativ zeitnah geschrieben und veröffentlicht wurde, ist mittlerweile einiges an Zeit ins Land gegangen. Wenn man sich nicht bewusst Zeit zum Schreiben nimmt, kommt man nie dazu. Aber gut, dass ist jetzt keine wirklich neue Erkenntnis. Auch wenn ich mich schon längst wieder im trauten Heim befinde und die Sonne Afrikas sehr weit weg scheint, springe ich für diesen Blog-Post nochmal in der Zeit zurück. Übrigens: Der Blog-Titel ist irreführend: Es gibt dieses Mal kein einziges Tierbild; dafür aber umso mehr Selfies!


Ich befinde mich im nördlichen Botswana, genauer gesagt in Kasane. Dominik ist immer noch am Start und hinter uns liegen ereignisreiche, aber auch anstrengende Tage. Wir sind froh mal wieder ein paar andere Menschen zu sehen und in einen „richtigen“ Supermarkt gehen zu können. Kasane ist die nördlichste Stadt Botswanas und gleichzeitig der Grenzposten zu Namibia, Simbabwe und Sambia. Und genau aus diesem Grund sind wir auch hier, denn wir wollen weiter in Richtung Norden zu den Victoria Wasserfällen. Grundsätzlich kann man sich die Wasserfälle von zwei Seiten anschauen, von Simbabwe und von Sambia aus. Beide Seiten haben ihre Vor- und Nachteile, der entscheidende Grund weshalb wir uns für Sambia entschieden, ist ein kleines natürliches Bassin unmittelbar an der Kante des Wasserfalls mit dem klangvollen Namen „Devils Pool“. Aber um dorthin zu kommen, mussten wir erstmal über die Grenze. In unserem gemütlichen Schengen-Raum vergessen wir manchmal was es heißen kann, wenn man mit einem Mietfahrzeug die Grenze zu einem anderen Land passieren möchte. Obwohl uns unser Vermieter den Prozess bereits aufgemalt und dezidiert erklärt hatte in welchem Häuschen wir wem welchen Betrag zahlen müssen, war uns die ganze Nummer etwas zu heikel (und zu teuer!). Wir entschieden uns, unseren Wagen bei einem der Luxus-Resorts zu parken in der Hoffnung, dass die Wahrscheinlichkeit diesen in ein paar Tagen auch wieder so vorzufinden, dort am größten war. Ausgestattet mit Day-Packs und natürlich unseren Kameras machten wir uns mit dem Taxi auf dem Weg zum Zambezi Fluss, der die natürliche Landesgrenze zwischen Botswana und Sambia darstellt. Da wir uns einen Sonntag für den Grenzübertritt ausgesucht hatten bzw. dies das zufällige Produkt unserer bisherigen Reiseroute war, ging es auch vergleichsweise gemächlich an der Grenze zu. Dieses Mal hat auch kein Immigration Officer versucht uns bei Facebook als Freund zu gewinnen. Allerdings möchte man hier auch kein LKW-Fahrer sein, denn die Kollegen warteten teilweise Tage in der Warteschlange um einen der begehrten und sehr begrenzten Plätze auf einer der zwei Fähren zu bekommen. Es wird zwar gerade auch eine 400m lange Brücke zwischen den Ufern gebaut, aber solche Projekte können in Afrika auch gerne mal ein Jahrzehnt dauern (Berliner Flughafen Ole).

Angekommen in Sambia ließen wir uns kurz von Schwarzmarkthändlern beim Währungstausch abziehen und fuhren dann weiter per Taxi nach Livingstone, wo wir die nächsten Tage im Livingsstone Backpackers verbringen sollten. Es war eine sehr angenehme Abwechslung mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen, sich Frühstück sowie eigentlich alle weiteren Mahlzeiten zubereiten zu lassen und sich mit anderen Menschen zu sozialisieren. In dem Hostel waren zum Großteil Volontäre untergebracht, die in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft an unterschiedlichen Projekten arbeiteten. Wie in den meisten Hostels dieser Art fand sich auch hier eine sehr angenehme Mischung aus Backpackern und skurrilen Gestalten, deren verbindendes Element meist Gesellschaftsspiele wie Beer-Pong sind.



Während Livingsstone selbst nicht wirklich erwähnenswert ist, wie übrigens die meisten afrikanischen Städte die ich bisher gesehen habe, lag die große Attraktion nur wenige Kilometer südlich an der Grenze zu Simbabwe. Die Victoria Wasserfälle gelten zwar weder als die höchsten noch als die breitesten Wasserfälle der Welt, dafür aber als die größten (Hä?!) - da sie in der Kombination aus Breite mal Höhe der großflächigste Wasserfall sind. Wie auch immer. Egal welche Rekorde ein Wasserfall für sich vereinnahmt, oder auch nicht, es ist jedes Mal wieder aufs Neue spektakulär diese Naturgewalten aus nächster Nähe zu erleben. Und so nah wie dieses Mal kam ich auch wirklich noch nie an einen Wasserfall heran. Für ca. 100 $ buchten wir uns für die drei stündige „Devils Pool“ Tour ein, die uns per Boot bis an den sprichwörtlichen Abgrund bringen sollte. Wir waren allerdings ein wenig überrascht wie strukturiert und „sicher“ dieses ganze Prozedere am Ende war. Zwei Begriffe die man jetzt nicht unbedingt mit afrikanischen Ländern in Verbindung bringt. Unsere zehnköpfige Gruppe hatte stets vier Aufpasser dabei und niemand durfte sich alleine dem Abgrund nähern (deswegen haben wir auch immer den sympathischen Kollegen neben uns auf den Bildern). Interessant waren auch die vom zweiten Guide/Fotografen vorgegeben Posen, die zu einigen absurden Fotos führten. Wir fokussierten uns aber doch eher auf Selfies.



 
 
Da wir zur Trockenzeit vor Ort waren, hielten sich auch die herabstürzenden Wassermassen ein wenig in Grenzen. Dafür hatten wir eben das Glück, dass der Devils Pool zugänglich war. In der Regenzeit, wenn der Zambezi Fluss bis an die Ränder gefüllt ist, werden keine solchen Touren angeboten, da bis zu 10.000 m³/s Wasser über den Nordrand der Schlucht in die Tiefe stürzen. Ja ich weiß, das ist mal wieder so eine Größenangabe mit der man so überhaupt nichts anfangen kann. Stellt euch einfach eine ganze Menge Wasser vor, die bis zu 110m in die Tiefe schießt. Die Bilder verdeutlichen das Ausmaß hoffentlich ein wenig.



Ja, auch ein Selfie-Stick war dabei
Am Abend des selbigen Tages sind wir dann ein wenig im angrenzenden Nationalpark wandern gegangen, um uns die Wasserfälle nochmal aus anderen perspektiven anzuschauen. Das schöne hier ist wirklich, dass man trotz der Beliebtheit dieser Touristen-Attraktion nicht das Gefühl hat in einem Schwarm von Touristen mitzulaufen, wie beispielsweise bei den Iguazu Wasserfällen in Argentinien. Alles hier ist wesentlich entspannter und am Abend mischen sich Touristen mit Locals an den Rändern der Wasserfälle, um den Tag in aller afrikanischer Unbekümmertheit ausklingen zu lassen. So taten auch wir es.

 
Die Victoria Falls stellten auch eine Art vorzeitigen Abschluss unseres Trips dar, denn nun hatten wir 2 Tage Zeit um über zwei Landesgrenzen hinweg 1400km Strecke bis nach Johannesburg zu machen. Die Tage liefen auch vergleichsweise ereignislos ab, außer dass wir in Mokopane ungeplant im Township gelandet sind und beinahe auf offener Straße in unserem Auto ausgeraubt wurden. Für südafrikanische Verhältnisse also beinahe ein normaler Tag. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass wir keine größeren Berührungspunkte mit irgendeiner Form von Kriminalität hatten, wobei dies sicherlich in Metropolregionen auch wahrscheinlicher ist als zwischen Giraffen und Antilopen.

Eine dieser durchaus berüchtigten Metropolregionen ist Johannesburg. Auch wenn wir unsere ersten Tage auf afrikanischem Boden dort bereits verbrachten, habe ich den Fokus des vorherigen Blogposts eher auf den Camping-Trip gelegt. Für Touristen gibt es ehrlicherweise dort auch nicht wirklich viel zu sehen. Möchte man allerdings tiefer in die Historie des Landes und den daraus resultierenden sozialen Problemen eintauchen, ist es jedem zu empfehlen zumindest ein paar Tage in Joburg (die kürzere, coolere Bezeichnung für Johannesburg) und in Soweto zu verbringen. Ich müsste an dieser Stelle zu weit ausholen, um einen Abriss über die Apartheit, Mandela und die sozialen Missstände etc. zu geben. Jedem dem es interessiert, findet unzählige Quellen zu diesen Themen. Das Stadtzentrum von Joburg wirkt sehr chaotisch und ist geprägt von Kriminalität sowie besetzten und verlassenen Hochhäusern. Nach dem Ende der Apartheit hat die bis dahin herrschende weiße Oberschicht das Zentrum schlagartig verlassen und sich in den Außenbezirken niedergelassen. Das surreale Bild von leerstehenden und heruntergekommenen Hochhäusern inmitten einer sonst sehr lebhaften Stadt, ist genau diesem Umstand geschuldet. Die teilweise unbekannten Eigentümer investieren nicht und wollen auch nicht verkaufen, weil sie hoffen zu einem späteren Zeitpunkt einen höheren Preis erzielen zu können. Dies führt dazu, dass das Zentrum in diesem Status Quo verharrt und nur wenig Fortschritt zu erkennen ist, trotz Fußball WM und Co.


They see my riding..
An unserem vorletzten Tag in Südafrika entschieden für uns spontan dazu eine Fahrrad-Tour durch Soweto zu unternehmen, dem größten Township im Land. Natürlich hatten wir einen Guide dabei der uns zielgerichtet hindurch navigierte und uns das Leben und die Geschichte dieses Ortes näherbrachte. Soweto gilt seit dem Schüler- und Studentenaufstand 1976 als Symbol des Widerstandes in der Apartheidsära und kann den weltweit einzigen Straßenzug sein eigen nennen, in welchem mit Nelson Mandela und Desmond Tutu gleichen zwei Friedensnobelpreisträger gewohnt haben.

Diese Touren durch Townships sind trotz ihres historischen Wertes nicht ganz unumstritten und werden zynischer Weise häufig auch als Armuts-Tourismus bezeichnet. Tatsächlich habe ich innerhalb meiner drei Monate in Afrika mit vielen Leuten über das Für- und Wider diskutiert. Ich glaube aber fest daran, dass man die Lebensrealität des Großteils der Südafrikanischen Bevölkerung nicht einfach ignorieren darf und eine solche „Township-Tour“ nicht nur eine aufklärerische Dimension hat, sondern man jedes Mal etwas sehr Positives mitnimmt, gerade im Hinblick auf die Menschen die man trifft. Mir persönlich hat diese Tour vor allem die Nervosität genommen mich als weißer und „reicher“ Ausländer in einem Township zu bewegen und mit den Bewohnern zu interagieren. Außerdem gab es für uns gratis einen fiesen Sonnenbrand dazu, da wir die Wetterlage etwas falsch einschätzten und bei unserer halbtägigen Fahrrad-Tour fälschlicherweise von Regen ausgegangen sind.


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